Sortenempfehlung Neuanlage

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04.07.2019 11:44 (zuletzt bearbeitet: 04.07.2019 11:52)
avatar  Anselmo
#1
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Hi liebe Forumsgemeinschaft,

Ich bin neu hier, über das lesen des Tafeltraubenthemas im garten-pur Forum auf diese Seite gestoßen.
Nun zu meinem Anliegen:
Mein Traum ist, einen Weingarten anzulegen, den ich in meiner Freizeit betreibe und von dem ich noch einen kleinen Nebenverdienst habe - will also die Trauben vermarkten (Bio zertifiziert). Anlegen will ich den Weingarten auf einem Acker (ca. 0,75 ha), ganz leichte Südneigung.
Standortdaten: Gäuboden bei Plattling, d.h. Lössboden mit mittelhohem Kalkgehalt, guter Boden mit gutem Feuchtespeichervermögen. Relativ mildes Klima mit vielen Sonnenstunden (wie man den SAT Wert einfach berechnet, weiß ich leider nicht), aber im Winter doch etwas kälter als in klassischen Weinanbaugebieten. Durch die Lage an zwei großen Flüssen (Isar, 5km Luftlinie; Donau, 12km Luftlinie) und in leichter Senke im Frühling und Herbst in den Abend- und Morgenstunden öfters nebelig. Winde kommen i.d.R. von Westen, seltener auch von Osten, und sind, wenn sie auftreten, schon mal stärker. Der Gäuboden war zwar vor einigen hundert Jahren ein Weinbaugebiet, heutzutage ist der Weinbau in nennenswertem Ausmaß auf Regensburg (ca. 80km Luftlinie) beschränkt; d.h. praktisch kein Pilz-/Schaderregerdruck vom Umfeld.
Vor dem Hintergrund des Klimawandels mit den langen heißen Sommern und großer Trockenheit, was sich m.M.n. fortsetzen/verstärken wird, ist mir der Gedanke an den Weinbau hier gekommen.

Voraussetzungen für die Sortenwahl:
A) Ich weiß, dass die meisten hier Spritzmittel (konventionell oder öko) benutzen, ich möchte aber darauf verzichten. Grund ist, dass auch Ökospritzmittel z.B. Kupfer enthalten, was auch das Bodenleben (Regenwürmer...) schädigen kann, und ich mags halt einfach ohne probieren, verspreche mir davon auch Vorteile in der Vermarktung. Lieber verzichte ich alle drei Jahre auf die Ernte, als dass ich spritze! Auch wenn das natürlich wirtschaftlich nicht so rentabel ist, aber das ist auch nicht mein oberstes Ziel. -> die Sorten sollten also sehr pilzfest sein!
B) Gegen Kirschessigfliege etc. kann ich mir vorstellen, in den betreffenden Zeiträumen Netze aufzuhängen (die ganze Traubenzone abdeckend, oder gibt es da dann ein Problem mit der Dichtigkeit oben/unten?); wenn das mit den Netzen klappt, kommen also auch rote/blaue Sorten in Frage.
C) Meine eigenen Sortenvorstellungen:
...1: habe mal eine rote/blaue Sorte mit mittleren Beeren, großen Kernen und tollem Aroma (Muskat) probiert und vermute mal, das waren Muscat bleu. Die haben mich geschmacklich derart fasziniert, dass ich was in der Richtung unbedingt anbauen will. Ich dachte an die Sorte Galante, die weniger verrieselungs- und pilzanfällig sein soll als die Elternsorte Muscat bleu - wichtig wegen der gelegentlichen, aber doch starken Winde hier. Ich habe auch überlegt, zusätzlich an der Ost- und Westseite des Ackers eine Hainbuchenhecke anzulegen, die gegen den Wind abschirmt, was meint ihr dazu?
...2: ich hätte gerne zusätzlich noch eine blaue/rote Sorte mit weniger Kernen, die sich besser für den Verkauf als Tafeltraube eignet. Soll natürlich auch möglichst robust sein. Venus habe ich überlegt, da schreckt mich aber das doch recht kurze Erntefenster ab. Vorschläge?
...3: zur Ergänzung möchte ich noch eine helle Sorte, die sich auch gut als Tafeltraube verkaufen lässt, also keine störenden Kerne. Da bei uns Regen nur sehr spärlich kommt und dann auch mal mehr, sollte möglichst wenig Platzgefahr gegeben sein, aber da weiß ich nicht wie anfällig die jeweiligen Sorten sind.
Meine Ideen waren da: Galachad, Galbena nou oder Garold (wobei die evtl schwerer zu bekommen ist?); bei der Rebschule Schmid bin ich auch noch auf Kischmisch KM 342 gestoßen, falls das was Vernünftiges ist.

D) Unterlagen: Habe gelesen, in D wird bei Tafeltrauben vor allem SO4 verwendet, habe aber Bedenken, weil es doch immer trockener wird, besonders hier bei uns, und die Sorte als trockenheitsempfindlich beschrieben wird? 5BB käme noch in Frage, wäre die nicht besser geeignet?

Habt ihr Anmerkungen, Vorschläge, Ideen zu meinen Sortenvorstellungen?
Schon einmal vielen Dank für eure Hilfe :)
Anselm


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04.07.2019 14:05
avatar  Dietmar
#2
Di

Zunächst möchte ich Dich hier im Forum begrüßen. Es ist schön, dass Du hier nach Sortenempfehlungen fragst, bevor Du Reben kaufst. Die meisten neuen Traubenfreunde kaufen erst irgendwelche Baumarktreben und sind dann enttäuscht, wenn wir sagen, dass diese Sorten nicht das Gelbe vom Ei sind.

Bevor Sortenempfehlungen sinnvoll sind, empfehle ich Dir, zunächst Deinen SAT-Wert zu berechnen. Am besten geht das, wenn man auf Wetterdaten einer nahe gelegenen Wetterstation zurück greifen kann, welche ein vergleichbares Wetter hat.


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04.07.2019 14:25 (zuletzt bearbeitet: 04.07.2019 14:48)
avatar  Anselmo
#3
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Zitat von Dietmar im Beitrag #2
Zunächst möchte ich Dich hier im Forum begrüßen. Es ist schön, dass Du hier nach Sortenempfehlungen fragst, bevor Du Reben kaufst. Die meisten neuen Traubenfreunde kaufen erst irgendwelche Baumarktreben und sind dann enttäuscht, wenn wir sagen, dass diese Sorten nicht das Gelbe vom Ei sind.

Bevor Sortenempfehlungen sinnvoll sind, empfehle ich Dir, zunächst Deinen SAT-Wert zu berechnen. Am besten geht das, wenn man auf Wetterdaten einer nahe gelegenen Wetterstation zurück greifen kann, welche ein vergleichbares Wetter hat.


Hi Dietmar,
Danke für deine Antwort! Der SAT Wert ist die Summe aller Temperaturen oder? Wie berechnet man den oder auf welchen Klimahomepages wird der angezeigt? Google kann mir da irgendwie nicht weiterhelfen...
Viele Grüße

Edit: Okay, habe nun deine Tabelle hier im Forum gefunden. Laut der hatte Straubing 1961-1990 im Schnitt 2428°C, wenn man die von dir empfohlenen 50° wegen Klimawandel dazurechnet und 100° abzieht, um Extremjahre auszugleichen, sind es 2378°C.


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04.07.2019 14:56
avatar  Dietmar
#4
Di

Der SAT-Wert wird wie folgt berechnet. Betrachtet werden nur die Monate April bis Oktober. Am Besten macht man das mit einem PC mit Excel. Für jeden Tag bildet man den Durchschnitt von Tageshöchstemperatur und Tagestiefsttemperatur (Nachts). Alle berechneten Durchschnittswerte unter 10 Grad werden im Folgenden nicht mehr berücksichtigt. Die Durchschnittswerte ab 10 Grad werden alle addiert. Es müssen je nach Lage Werte in Höhe von ca. 2000 bis 3000 heraus kommen. Man sollte aber dazu kein besonders warmes Jahr zu Grunde legen.

Einfacher ist es, wenn man in der Nähe einer Wetterstation wohnt, für die der SAT-Wert aus einem langjährigen Durchschnitt berechnet wurde. Hier habe ich im ersten Beitrag eine Tabelle gepostet:

SAT-Werte Deutschland

Es gibt zwar im Groben einen Zusammenhang zwischen SAT-Wert und Reifezeit, aber man kann sich nicht darauf verlassen. Es gibt z.B. Sorten, die sehr zeitig reifen, aber einen hohen SAT-Wert fordern. Auch wenn man diese Sorten länger reifen lässt, werden diese aber nie reif, wenn der SAT-Wert zu niedrig ist.

Die Reifezeiten beziehen sich auf eine Stadt in Russland: Nowotscherkask. Eine vergleichbare Lage in Deutschland wäre z.B. der Kaiserstuhl. Bei nicht ganz so warmen Weinbaugebieten wie z.B. Franken, Sachsen und Saale/Unstrut dauert es ca. 2 ... 3 Wochen länger. Ich wohne in Dresden, aber außerhalb des Elbtales. Bei mir reifen die Trauben ca. 5 ... 6 Wochen später als angegeben, d.h. bei Reife Anfang August in Nowotscherkask reifen die Trauben bei mir Mitte bis Ende September. Du darfst also die angegebenen Reifezeiten nicht so wörtlich nehmen. Es ist besser, eine sehr zeitige Sorte anzubauen, welche man aber auch mal länger hängen lassen kann, als eine zu späte Sorte, die nicht oder nicht jedes Jahr reif wird.


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04.07.2019 14:59
avatar  Dietmar
#5
Di

Wenn Du 0,75 ha Reben anbauen willst, dann ist das schon fast ein Vollzeitjob. Schließlich sind das 75 x 100 m.


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04.07.2019 15:08 (zuletzt bearbeitet: 04.07.2019 15:08)
avatar  Anselmo
#6
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Okay, habe nun deine Tabelle hier im Forum gefunden. Laut der hatte Straubing 1961-1990 im Schnitt 2428°C, wenn man die von dir empfohlenen 50° wegen Klimawandel dazurechnet und 100° abzieht, um Extremjahre auszugleichen, sind es 2378°C.

Bzgl. Arbeitsaufwand, das ist mir klar, dass das einiges an Arbeit werden wird. Da ich aber nur 30 Stunden im Beruf arbeite, und eh noch einen Ausgleich brauche, in dem ich mich körperlich betätige, passt das ganz gut, denke ich. Für arbeitsintensive Zeiten wie z.B. die Ernte kann ich mir dann auch Urlaub nehmen.


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04.07.2019 15:59
avatar  Dietmar
#7
Di

Da Du noch keine Erfahrungen mit Reben hast, würde ich die Sache zunächst 2 Nummern kleiner angehen. Bei 0,75 ha wäre das ein Investaufwand von einigen 10 Tausend Euro. Bedenke auch, dass es in Deutschland kein brauchbares Buch zum Anbau von Tafeltrauben gibt. Die wenigen Bücher stammen von Winzern von Keltertrauben und sind weitgehend Murks. Tafeltrauben müssen anders angebaut werden als Keltertrauben!

Mal grob planen kannst Du ja. Ich empfehle eine Spaliererziehung am Drahtrahmen. Die Reihen sollten, wenn möglich, in Nord-Süd-Richtung verlaufen. Ein Abstand zwischen den Reihen von 2 m ist optimal. An den Enden jeder Reihe braucht man Reihenendpfähle - die längsten, die es zu kaufen gibt - eigentlich immer noch zu kurz. Jeder Reihenendpfahl muss mit einem Erdanker gesichert werden. Zwischen den Reihenendpfählen sollten alle ca. 4 m ein Mittelpfahl stehen - auch die längsten, die es gibt. Dazu braucht man jede Menge Spanndraht ca. 3 mm und Spannschlösser.

Keltertrauben haben einen Abstand in der Reihe von ca. 0,9 ... 1,2 m. Das ist für moderne Tafeltraubensorten viel zu eng. Tafeltrauben mit mittlerer Wüchsigkeit brauchen etwa 2 m und Sorten mit hoher Wüchsigkeit 3 ... 4 m. Die Reben werden dann in der Mitte des Abschnittes gepflanzt.

Jetzt kannst Du mal ausrechnen, wieviel Reben Du ungefähr brauchst, um 0,75 ha aufzureben. Wenn die Reben erwachsen sind, kann man bei Tafeltrauben je nach Sorte mit etwa 5 bis 10 kg pro Rebe Ertrag rechnen, bei Spitzensorten mehr. Diese Menge muss Du erst einmal verkaufen können.

Dazu kommen noch Kosten für Organzabeutel und Spritztechnik. Auch die pilzfestesten Sorten müssen gespritzt werden. Lese dazu mal die betreffenden Threads zum biologisch-dynamischen bzw. Bioanbau. Eine 5 l-Spritze aus dem Baumarkt ist da viel zu klein.

Ich würde an Deiner Stelle erst einmal mit z.B. 10 Reben anfangen. Da kannst Du lernen und verschiedene Sorten testen und dann weißt Du auch, ob Dir die ganze Sache liegt. Das Selbertesten ist wichtig, denn auf die Sortenbeschreibungen der Verkäufer kann man sich nicht verlassen und außerdem spielt der Standort eine große Rolle.


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04.07.2019 17:35 (zuletzt bearbeitet: 04.07.2019 17:37)
#8
Oh

Hi Anselmo,
herzlich willkommen in diesem Forum !!!
Du kannst auch anderen Forum besuchen, aber mit uns fährst am besten. Und jetzt zur Sache.
In Deutschland wird auch auf 5BB und 125 AA veredelt. Und der Schmidt ist nicht die einzelne Quelle. Muskat Trauben sind auch mein Geschmak. Um die Erfahrungen zu sammeln und die Kosten einzuschätzen, kannst Du eine Reihe einzulegen. Warum eine Reihe? Weil es so viele geile Sorten mit Muskatgeschmak gibt. Zu Muskatsorten gehört auch Rudik und Valjok. Valjok mit großen Beeren. Dann hast Du eigene Erfahrungen gemacht und bist mit dem Trauben- Virus infiziert. Dann kannst Du bewusst die Spalierart ( einfache oder doppelspalier ) auswählen und weist welche Traubensorten in Du eine Reihe und am besten setzen muss und warum. Viel Erfolg dabei. Wir sind an deiner Seite.


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04.07.2019 18:21
avatar  Anselmo
#9
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Danke für deine Einschätzung Dirk!
Deine Idee mit dem Probeanbau in kleinerem Maßstab ist auf jeden Fall sinnvoll, denke ich. Venus habe ich eh im Frühling schon angepflanzt, im Herbst kommen sicher noch ein paar andere dazu.
An Spaliererziehung dachte ich auch. Der Tipp mit der Nord-Süd-Richtung ist schonmal gut.
Ich dachte an 2,5 oder 3 Meter Reihenabstand, vielleicht auch abwechselnd 2 und 3 Meter (mit Dauerbewuchs in jeder zweiten Reihe), damit der Weingarten z.B. zur Bodenbearbeitung mit kleinen Traktoren befahren werden kann, das würde die Investitonskosten für Geräte erstmal verringern - Traktoren wären bei uns im Dorf verfügbar und ausleihbar.
Reben bräuchte ich dafür ca. 1500, ganz grob gerechnet.

Zu den Pfählen: ich habe bis jetzt nur max. 2 Meter lange Metallpfähle gefunden, wenn man die Länge, die im Boden steckt, mal abzieht. Gibt es da noch längere oder ist das schon so das Maximum? Die Triebe werden teilweise ja wesentlich länger, hab gelesen Jakob sagt man soll die dann waagerecht am obersten Draht befestigen und nicht kappen, wenn die darüber hinaus wachsen.

Bzgl. Wüchsigkeit, was würdet ihr bei genannten Reben für Pflanzabstände nehmen?

Wenn Spritzen nötig ist, werde ich auch spritzen Würde es aber auf jeden Fall erstmal ohne Spritzen probieren wollen. Höchstens so Sachen wie Molke vielleicht. Um Gewinnmaximierung geht's mir ja nicht, aber wäre schon nett, wenn in der Mehrzahl der Jahre auch Beeren dranhängen.
Organzabeutel: Ich dachte eher an seitliche Netze, die die Traubenzone abdecken. Denke das ist wesentlich weniger arbeitsintensiv, nur halt nicht so dicht, hat da wer Erfahrungen?


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04.07.2019 18:28 (zuletzt bearbeitet: 04.07.2019 18:31)
avatar  Anselmo
#10
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Ohne Chemie, danke für die Sortenempfehlungen.
Ich habe dazu bei Google nichts gefunden, ich denke die Sorten kann man nur aus dem Ausland beziehen oder?
Zu Valjok habe ich auch im Forum keine Sortenvorstellung gefunden und auf slovplant auch nicht, wo gibts denn dazu einen kurzen Überblick?

125AA hört sich auch gut an, aber ist nichts für verrieselungsanfällige Reben oder? Meint ihr das geht mit Galante?


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