Biologisch-dynamischer Anbau von Tafeltrauben

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22.12.2020 16:32 (zuletzt bearbeitet: 22.12.2020 16:35)
avatar  Dietmar
#251
Di

Hier werden verschiedene Anbauformen wissenschaftlich verglichen, darunter integrierter Weinbau, biologischer und biodynamischer Weinbau:

https://orgprints.org/31241/1/Forschung_2017-1.pdf

Eine ähnliche wissenschaftliche Untersuchung habe ich so schnell nicht bei der Hand.

Unterschiede zwischen biologischen und biodynamischen Weinbau bezüglich Effekte auf Traubengröße, Kompaktheit der Trauben, Beerengröße, Aroma und Reifezeit:
- Bei biodyn. Weinbau sind Trauben- und Beerengröße und Ertrag geringer.
- Bei biodyn. Weinbau sind die Trauben weniger kompakt, was sich günstig auf Botrytis auswirkt.
- Aroma bei biodyn. Weinbau schlechter.
- Reifezeit länger, z.T. wird Vollreife gar nicht erreicht.

Was könnten die Ursachen dafür sein - meine Spekulation:
- Mangelernährung, da ein Kuhhorn voll verrotteter Mist, bezogen auf die ausgebrachte Fläche kaum spürbare Nährstoffmengen hat. Am ehesten wirkt der P, der in tierischen Exkrementen mehr enthalten ist als im Gartenkompost. Nicht umsonst wird an Technologien zur Phosphorrückgewinnung aus Gülle und Klärschlamm geforscht. Ein Kuhhorn voll verrotteter Mist auf viele Reben verteilt ist quasi Homöopathie bezüglich Nährstoffversorgung.
- Kleinere Trauben und Beeren und eine verzögerte Reife deuten auf Kaliummangel hin.
- Weniger Aroma deutet auf einen Mangel an Spurenelementen hin.

So wie eine rein vegetarische oder vegane Ernährung beim Menschen eine Mangelernährung ist, weil tierische Vitamine in Pflanzen kaum enthalten sind und man Nahrungsergänzungsmittel zu sich nehmen muß, müßten "Mangelernährungen" bei einer biodynamischen und biologischen Anbauweise von Wein durch geeignete Zugaben ausgeglichen werden. Da Mineraldünger verpönt ist, könnte man zum Beispiel Lavamehl oder Diabasmehl verwenden. Dann könnte man die negativen Effekte beim biodynamischen Weinbau minimieren. Normale Gartenböden mit Lehmanteil haben gewöhnlich keinen Mangel an K und Spurenelementen, so daß ein biodynamischer Weinbau im Garten weniger negative Effekte zeigen dürfte wie im Versuchsweinbau (siehe Link).

- Eher wirken die zersetzenden Mist gebildeten Mikroorganismen, welche den vorhandenen Humus im Boden schneller zersetzen. Im Komposttee sind aber pro Liter sicher Milliardenfach mehr derartige Mikroorganismen enthalten. Komposttee müßte aber eigentlich im biodynamischen Weinbau auch zugelassen sein oder nicht?.

Biodynamische Weine haben meist weniger Alkohol, weil die Beeren weniger Zucker enthalten.


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22.12.2020 16:44
avatar  Dietmar
#252
Di

Zu Deinen Problemen mit Pero:

https://www.nzz.ch/gesellschaft/lebensar...iede-1.18084613

Ich weiß nicht, ob der Artikel aus biodynamischer Sicht richtig ist, aber hier steht, daß auch Biodynamiker Kupferpräparate und Netzschwefel als Fungizide verwenden dürden. Als Kupferpräparat wird die Bordeaux-Brühe (mit Kupfersulfat) aufgeführt, aber gerade die Bordeauxbrühe ist das mit Abstand umweltgefährlichste Kupfermittel gegen Pero, weil gegenüber modernen Kupfermitteln sehr viel mehr Kupfer für die gleiche Wirkung gespritzt werden muß und Kupfersulfat leicht wasserlöslich ist und deshalb viel schneller durch Regen abgewaschen wird als andere Kupfermittel. Deshalb muß häufiger gespritzt werden.


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18.09.2021 12:33
avatar  Micha74
#253
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Ich vermisse hier Reblaus ,mit Seinem Biologisch-dynamischem Anbau, lange nichts mehr gehört.....


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18.09.2021 12:55
#254
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@Reblaus war schon lange nicht mehr im Forum angemeldet. Habe seinen Namen jetzt mal direkt angesprochen, damit er eine E-Mail-Benachrichtigung erhält. Vielleicht schaut er ja Mal wieder vorbei.


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14.11.2021 18:25
avatar  Reblaus
#255
Re

Biodynamics is still alive!

Nach längerer Abwesenheit mal wieder was vom Biodynamiker. Ich hatte dieses Jahr in mehrerlei Hinsicht ein schwieriges Jahr und konnte mich deshalb nicht viel und vor alle Dingen nicht situationsgerecht um meinen Traubengarten kümmern. Hinzu kamen mehrere Wetterereignisse, so dass der Bio-Anbau in diesem Jahr eine große Herausforderung darstellte. Am Ende sehe ich dieses Jahr jedoch positiv, da ich aufgrund der sehr schwierigen Bedingungen wieder wertvolle Erfahrungen für den Bio-Anbau sammeln und mein Handlungsspektrum erneut erweiterten konnte. Je mehr Erfahrung man in schwierigen Jahren sammelt, desto besser kann man auf solche Situationen reagieren und um so erfolgreicher gelingt der Tafeltrauben-Anbau in Bio-Qualität. Da ich mit dem Bio-Anbau jedes Jahr voll ins Risiko gehe und mir nicht durch konventionelles Spritzen eine sichere Rückfallebene schaffe, stelle ich mich Jahr für Jahr besser auf die wetterbedingten Herausforderungen ein.

Der März war bei uns in der Pfalz schon sehr warm, was zu einem extrem frühen Austrieb führte. Einerseits freute ich mich über die ersten grünen Triebe nach den kalten Wintertagen, andererseits ahnte ich schon, dass das nicht gut gehen konnte. An einem schönen Frühlingstag wurde der Kompost ausgebracht. Im Herbst folgte etwas Kali-Magnesia. Mehr Düngung braucht es nicht.

Im April kamen dann ein, zwei Nächte mit wenig Frost. Kein Problem für mich, nur wenige Minusgrade und eine frostsichere Lage, da war nichts zu befürchten bzw. zu tun. Dann die Überraschung ein paar Tage später: gut die Hälfte der Triebe erfroren, manchmal die komplette Rebe, manchmal nur einzelne Triebe, teilweise nur die äußeren Knospenblätter. Meine mehrere Jahre alte Phaeton mit 3 cm dickem Kordon hatte es komplett dahin gerafft (geschmacklich war sie kein Verlust), ebenso mehrere Jungreben im zweiten Jahr. Also war die Devise: erst einmal alle verbliebenen Knospen austreiben lassen, das kontrollierte Ausbrechen der nach unten gerichteten Augen musste entfallen.

Im Mai dann ein sehr begrenzter lokaler Hagel, nur kurz, nur kleine Hagelkörner, die nicht viel anrichten können. Am Wochenende darauf mal kurz nachgeschaut und die nächste Überraschung: viele Triebspitzen waren oben zu einem Drittel bzw. zur Hälfte abgebrochen, der Rest der Triebe wie von einem Maschinengewehr beschossen und perforiert. Also erst mal Baldrian auf die geschundenen Reben, weiter nix machen und schauen. Zwischenzeitlich wucherte wegen verordnetem Nichtstun die Gründüngung, die Triebe verfingen sich schon darin und mussten hochgebunden werden. Also die Triebe hochbiegen und „knack“ brachen die Triebe reihenweise an den vom Hagel perforierten Stellen ab. Ein kontrolliertes Trieb- und Blattmanagement, essentiell im Bio-Anbau, war so erst mal nicht möglich. Meine Stimmung war zu diesem Zeitpunkt ehrlich gesagt nicht besonders, da man ja keinerlei Einfluss auf solche Wetterereignisse hat. Man hat nix falsch gemacht und ist dennoch im Hintertreffen. Jetzt kann es ja nur noch besser werden, dachte ich.

Was folgte waren, wie überall in Deutschland, wochenlange Regenfälle. Fast täglich Regen. Spritzen war schlichtweg unmöglich bzw. sinnlos. Ich hatte ja schon im Vorjahr meinen Spritzplan komplett verworfen und begonnen, erfolgreich nur noch nach Wetterlage und nach Bedarf zu spritzen. Dieser sollte in diesem Jahr durch geplante Versuchsreihen gegen Pero weiter verfeinert werden, um bei der Pero-Abwehr endlich Fortschritte zu machen - aber keine Chance. Aus Prinzip setze ich kein Kupfer ein, also kam Bruder Pero und machte sich breit. Mir blieb nur der Blick aus dem Fenster in die verregnete Landschaft. Wenn selbst ein Pfälzer sehnsüchtig in den Himmel schaut und sich fragt, wann denn endlich die Sonne wieder kommt, muss irgendwas schief laufen da oben. Dann muss man die Natur halt machen lassen, sagte ich mir mit mittlerweile eingekehrter Gelassenheit - eine neue Erfahrung.

Der nächste Tiefpunkt ließ jedoch nicht lange auf sich warten. Der Regen begleitete schließlich auch die Blüte. Bei den sehr empfindlichen Sorten faulten die Blüten gleich komplett weg, z.B. Elegant sverhannyi, Liwia, Christine, KM Lutschistii usw.. Bei den weniger empfindlichen Sorten frühstückte dann Pero die Jungbeeren schon im Frühstadium weg, z.B Velez, Lora, Wostorg, Velika, Piesnia, Solotoi Don, Zlatogar, Sponsor usw.. Pero - ein im Bioanbau unerbittlicher Mitbewerber im Wettstreit um die Trauben. Innerlich hatte ich das Traubenjahr zu diesem Zeitpunkt schon abgehakt. Zu viele wetterbedingte Sondereinflüsse auf einmal. Bei den etwas robusteren Sorten hatte Pero aber dank Blattmanagement immer nur einzelne Beeren befallen, z.B. Chevchenko, Galachad, Baikonur, Deva Maria, Katharina, Walök, Talisman, Bieziewyi, Katrusja usw. Wenn ich bei diesen Sorten überhaupt noch Hoffnung auf Trauben haben konnte, mussten diese befallenen Beeren rausgeschnitten werden, und zwar bald. Es war an der Zeit, etwas zu tun. Über die nächsten Wochen mehrere Durchgänge, aber die Mühe lohnte sich. Man kann manuell durch gezieltes Ausschneiden der kranken Beeren wirklich vieles retten. Die lockerbeerigen Tafeltrauben kommen einem da sehr entgegen. Unternimmt man nichts, fault automatisch die gesamte Traube weg. Da habe ich dieses Jahr einige Erfahrung gesammelt und kann zukünftig gut einschätzen, wo sich bei Pilzbefall die Mühe noch lohnt und wo nicht. Bei zu hohem Befall lohnt sich das Ausschneiden nicht, da rafft es die Traube unweigerlich nach und nach dahin, trotz Herausschneiden.

Nach der Urwald-ähnlichen Regenzeit kam endlich die Sonne raus. Viel zu spät, viel zu selten. Die Trauben reiften fast generell mit 3-4 Wochen Verspätung, manche Sorten reiften nicht vollends durch, blieben lange sauer und bekamen Risse an den Stielansätzen oder an den Spitzen, ein Einfallstor für Fäulnis. Garold z.B. hatte ich etwas überlastet, so dass die Trauben in diesem schwierigen Jahr einfach nicht reif wurden. Sie blieben sauer bis zum Abfallen. In einem normalen Jahr wären sie einfach 2 Wochen später reif geworden.

Ehrlich gesagt habe ich dieses Jahr so gut wie nicht gespritzt, weil es einfach unmöglich war. Schon frühzeitig habe ich das Spritzen komplett aufgegeben - ein unfreiwilliger Feldversuch, für den ich am Ende aber gar nicht undankbar bin. Ich musste lernen, damit umzugehen (auch mental) und Alternativen zu entwickeln. Im Ergebnis sind fast alle Reben mal mehr, mal weniger mit Pero befallen. Zu guter letzt gesellte sich mangels Spritzung auch noch stellenweise Oidium dazu. Oidium habe ich ja mittlerweile fest im Griff, aber ich wollte sehen, ob Oidium es so spät noch schafft, bereits gut entwickelte Beeren zu befallen und zu schädigen und dieses vermaledeite Jahr bot sich für einen Feldversuch förmlich an. Im Ergebnis sind einige Blätter krank, aber dennoch war der Obstkorb erstaunlicherweise täglich gut gefüllt. Die Trauben waren jedoch z.T. nicht makellos und Oidium hat es stellenweise tatsächlich so spät noch geschafft, bei einigen wenigen Sorten Schaden an einzelnen Beeren anzurichten - eine wichtige Erkenntnis und ein Argument dafür, zukünftig auch noch spät mit Molke gegen Oidium zu spritzen. Das Erntefenster hat dieses Jahr nur bis Mitte November gereicht. Damit fehlen vier Wochen im Vergleich zu normalen Jahren. Zu guter letzt kam auch noch stellenweise, wenn auch sehr selten, etwas Botrytis hinzu.

Dieses Jahr hatte es wirklich in sich. Einige Sorten zeigten sich sehr robust, hatten keinen Pilzbefall und kamen ohne chirurgische Eingriffe aus, darunter z.B. Pölöskei muskotaly, Muskat bleu, Nero, Dolgozdanny, Dubowsky Rozowy, Katrusja, Osella, Katharina, KM Zaparoshki, Aladdin, Rozowi Tschudo, Sen. Burdakov, Atlantis, Podarok Irina, Festivee, Moldawa, diverse Sorten von Herrn Wolf aus Bad Dürkheim usw. - alle makellos. Es trennte sich jedoch nicht generell die Spreu vom Weizen, die Mehltau-empfindliche Viktor hatte z.B. zu meinem Erstaunen bis zur Ernte strahlend saubere Beeren wie aus dem Bilderbuch, während die robustere Galachad erhebliche Probleme hatte. Die Verlustquote dieses Jahr würde ich über alle Reben hinweg auf insgesamt 40% schätzen. Zu hoch für ein normales Jahr, aber durchaus angemessen für dieses Jahr. In normalen Jahren liegt die Verlustquote bei ca. 10%.

Alles in allem war das ein ungewöhnlich nasses Jahr, dazu noch früher Frost und Hagel, aber ich konnte weitere wichtige Erkenntnisse für den Bioanbau sammeln. Trotz widrigster Bedingungen seit meinem Einstieg in den Tafeltrauben-Anbau und faktisch nicht statt gefundenem Spritzprogramm gab es dennoch mehr Trauben, als wir essen konnten. Und das alles 100 % biologisch im Einklang mit der Natur. Das extrem trockene und heiße Jahr 2020 stellte kein Problem mehr für mich dar. Probleme bereiten mir mangels Kupfer-Einsatz nach wie vor Regen und Pero. Das extrem feuchte Ausnahmejahr 2021 war aus diesem Grund für mich nicht zu beherrschen. Dies ist jedoch kein Argument für mich, konventionell zu arbeiten. Wenn von 10 Jahren ein schlechtes Jahr dabei ist, habe ich 10 Jahre lang biologisch mit der Natur gearbeitet und nur ein Jahr Verluste. Würde ich konventionell arbeiten, hätte ich zwar auch im schlechten Jahr gute Erträge, würde aber auch 10 Jahre gegen die Natur arbeiten. Da nehme ich lieber das verlustreiche Jahr 2021 in Kauf. Mein Credo: behandelt Euren Boden gut, der Rest ergibt sich automatisch. Dieses Jahr hat mich gelehrt: die Natur allein gibt den Takt vor, ich richte mich danach und bleibe auch in schwierigen Situationen gelassen. Dazu empfehle ich für die Wintermonate am Kamin folgendes Buch:

“Von der Freiheit, den richtigen Wein zu machen: Biodynamisches Winzerhandwerk im Portrait” von Romana Echensperger.

Das Buch hat überhaupt nichts mit Tafeltrauben zu tun, zeigt aber am Beispiel von zwölf Spitzenweingütern, wie sehr diese Top-Winzer zunächst damit gehadert haben, auf Biodynamie umzustellen, beschreibt ihren Weg dahin und warum sie es heute nicht verstehen, wieso sie anfangs solche - aus heutiger Sicht - unbegründeten Existenzängste hatten und gezögert haben, auf Bio umzusteigen. Heute sind das alles zufriedene und vor allem gelassenere Menschen als früher. Und wirtschaftlich erfolgreich sind sie mit ihrem Bio-Anbau obendrein noch dazu. Von daher ist der Inhalt des Buchs auf den Tafeltraubenanbau gut übertragbar, da wir ja mit Piwi-Sorten arbeiten, nicht vom Trauben-Anbau leben müssen und es somit viel leichter haben.

Ab Dezember beginnen dann die Vorbereitungen für kommendes Jahr. Der Fokus liegt dann erst einmal auf der Reduktion der Pilzsporen auf dem Rebholz, den Knospen und auf dem Boden, um nicht vorbelastet ins neue Jahr zu gehen. Und im kommenden Jahr hole ich meine Versuchsreihen gegen Pero nach.

Heute gabs die vorletzten Trauben. Nächste Woche gibts noch einmal eine letzte Ernte mit tadellosen Trauben der zuverlässigen Sorte “Georg”, dann ist endgültig Schluss.


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14.11.2021 20:39
avatar  Micha74
#256
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Schön wieder was von Dir zu hören Reblaus ,war ein schwieriges nasses Jahr, aber wieder eine Erfahrung reicher,es gibt kein Standard beim Wetter,Wir versuchen das Beste daraus zu machen


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30.12.2021 13:23
#257
Vo

Demeter und Co: Nährboden für Corona-Verschwörungen?

https://www.youtube.com/watch?v=A9sTKTkdAz0

Dauer ca. 10 Minuten

Quelle: ZDFheute Nachrichten


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21.01.2022 22:34
avatar  Reblaus
#258
Re

20.000 Zugriffe

Über 20.000 Zugriffe, wer hätte das gedacht! Ich jedenfalls nicht, als ich dieses für die meisten Leser eher exotische Thema aufgelegt habe. Also ist es an der Zeit, ein Zwischenfazit zu ziehen.

Ich fragte mich im Oktober 2017, ob sich überhaupt jemand für eine rein biologische Vorgehensweise interessiert, die in Bezug auf den Einsatz von Kunstdünger und systemischen Spritzmitteln keinerlei Kompromisse eingeht und Mittel und Vorgehensweisen einsetzt, welche die Gemüter ob der Sinnhaftigkeit entzweit und am Ende unversöhnliche Standpunkte hinterlässt. Eher hatte ich ein Schattendasein am Rand der übrigen Themenbereiche erwartet. Mittlerweile ist dieser Thread jedoch zu meiner Überraschung einer der mit Abstand meist gelesenen in diesem Forum, trotz aller Widrigkeiten. Das freut mich.

Aggressiv angefeindet, zeitweise gesperrt, von zwei Vielschreibern dieses Forums wahlweise mit den Nazis in Verbindung gebracht, als Sekte verschrien, auf vergrabene Kuhhörner reduziert, als Grüne lächerlich gemacht oder gar zuletzt als Impfgegner verunglimpft. Viele Aspekte der Biodynamie werden deshalb von mir in diesem Forum gar nicht erst vertieft. Die Folge wäre nur noch mehr Häme. Früh habe ich gemerkt, auf solche Beiträge besser nicht einzugehen. Ich reduziere meine Beiträge auf das Nötigste und teile meine Erfahrungen mit der Biodynamie, um das Spektrum des Tafeltraubenanbaus in diesem Forum zu erweitern. So kann sich jeder seine eigene Meinung bilden, aber bitte in einem vernünftigem Diskurs, denn das Thema Bio ist aktueller denn je.

Die Biodynamie erfordert eine kritische Auseinandersetzung. Versuche seinen eigenen ablehnenden Standpunkt zu erhöhen, in dem man versucht, durch tendenziöse Beiträge den biodynamischen Ansatz zu erniedrigen, werden von den meisten Lesern dieses Forums glücklicherweise direkt entlarvt, indem diese Beiträge einfach nicht bewertet werden. Nur die im Geiste der Ablehnung Gleichgesinnten bewerten ihre abwertenden Beiträge in diesem Thread gegenseitig, ohne jemals Bilder ihrer eigenen Ergebnisse einzustellen. Tausend Worte - aber keine Beweise.

Biodynamie ist schwierig zu fassen. Ob die Anwendung biodynamischer Präparate tatsächlich etwas bringt, kann man getrost dahingestellt sein lassen. Deren Anwendung richtet keinen Schaden an.

Die Biodynamiker die ich kenne, sind vollkommen normale, realistisch denkende Menschen, mit beiden Beinen auf dem Boden stehend, keinerlei Sektenzugehörigkeit, keinerlei rechtes Gedankengut oder gar Impfgegnerschaft. Die tragen auch alle keinen selbst gestrickten Wollpullover, im Übrigen auch keine Alu-Hüte, wählen nicht zwangsweise Grün oder pinkeln regelmässig in den Kompost. Allen ist eines gemein: der unbedingte Wille im Einklang mit der Natur zu arbeiten und mit Respekt vor der Natur einen ganzheitlichen Ansatz zu verwirklichen. Steiner? Anthroposophie? Astronomische Einflüsse? Kuhhörner? Das Geistige in der Natur suchen? Die Weisheit des Misthaufens ergründen? Planetenkonstellationen beachten? Mondphasen berücksichtigen? Das alles muss man weder zwingend verstehen noch sich damit voll identifizieren, um biodynamisch zu arbeiten. Man kann auch Auto fahren ohne die Wirkungsweise eines Motors zu verstehen und sich trotzdem freuen, dass so ein Fahrzeug funktioniert. Oder man arbeitet einfach nur biologisch und ökologisch, das reicht ja auch schon.

Es ist für mich befriedigend, meinen Garten im Einklang mit der Natur zu bewirtschaften, die Vielfalt zu fördern, die Zusammenhänge von Jahr zu Jahr besser zu verstehen. Verstehen kann aber nur, wer Ursachen erforscht statt nur Symptome zu beheben.

So werde ich weiter über meine Arbeit berichten, weiter den Heiligen Gral der biologischen Bekämpfung des falschen Mehltaus suchen, weiter still die Abhandlungen über Kunstdünger und Chemie lesen und die Leser mit meinen Beiträgen zum Nachdenken anregen. Rebe, Boden und Umwelt sollten nicht einfach als Mittel zum Zweck dienen. Die erfolgreiche Ernte darf nicht alleinig das Denken und Handeln beherrschen.

Ich danke an dieser Stelle allen, die sich für meine Beiträge interessieren, sich dafür bedanken und wünsche allen, egal welchen Weg sie gehen, öfter den Griff zum Handy um ihre Arbeit im Garten für alle in diesem Forum - auch für die eigene Glaubwürdigkeit - bildlich nachvollziehbar und beweisbar zu dokumentieren, so dass jeder hier was lernen kann, mehr Mut zur Toleranz, vor allem aber wünsche ich allen ein gesundes und erfolgreiches Traubenjahr!


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22.01.2022 00:21 (zuletzt bearbeitet: 22.01.2022 00:25)
#259
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Danke für deine ehrlichen Worte. Ich merke, da hat sich jemand was von der Seele geschrieben. Ein ehrliches Danke dafür.
Man könnte ein bisschen O-Ton rauslesen, andere wären nicht ganz so eins mit der Natur und sind deswegen schlechtere Menschen. Möchte ich jetzt nicht unterstellen das du das so meinst, aber man kann etwas bekehrendes aus deinen Worten rauslesen wenn man möchte.

Ich komme aus den Naturwissenschaften, da habe ich tatsächlich massive Probleme manche Aussagen nachzuvollziehen.

Zitat von Reblaus im Beitrag #258
Biodynamie ist schwierig zu fassen. Ob die Anwendung biodynamischer Präparate tatsächlich etwas bringt, kann man getrost dahingestellt sein lassen. Deren Anwendung richtet keinen Schaden an.

Das müsste man tatsächlich erstmal beweisen. Der Konjunktiv hilft hier nicht weiter wenn du andere unterschwellig verurteilst ohne darzulegen, wie man es besser macht. Es geht nicht nur darum ob du möglicherweise kein Insekt damit tötest wenn du zB. D6 irgendwas spritzt, manchmal macht man sich auch schuldig durch Unterlassung. Wenn es in einer Gesellschaft angebrachter denn je ist, eventuelle Missernten zu akzeptieren, geht es dieser Gesellschaft gut. Zu gut evtl. Anderen Gesellschaften auf dem selben Planeten geht es evtl anders. Vielleicht sind die auch etwas mehr Naturverbunden, als wir uns das so vorstellen können.
Ich wünsche dir trotz allem viel persönliches Glück auf dem Weg deiner Reise.

Ansonsten möchte ich nur zu bedenken geben: Chemiefrei gibt es nicht. Regen ist Wasser, süße Trauben ein Stoffgemisch aus Zucker und tausenden chemischen Substanzen, wovon der größte Teil toxikologisch noch nie untersucht wurde. Diese chemischen Substanzen in einem Verhältnis zueinander in Form einer reifen, aromatischen Beere gedeihen zu lassen, die Kunst ist, das auch in schwierigen Jahren zu beherrschen.


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06.02.2022 17:02
avatar  Reblaus
#260
Re

Zitat von thuja thujon im Beitrag #259
Das müsste man tatsächlich erstmal beweisen.

Ansonsten möchte ich nur zu bedenken geben: Chemiefrei gibt es nicht. Regen ist Wasser, süße Trauben ein Stoffgemisch aus Zucker und tausenden chemischen Substanzen, wovon der größte Teil toxikologisch noch nie untersucht wurde. Diese chemischen Substanzen in einem Verhältnis zueinander in Form einer reifen, aromatischen Beere gedeihen zu lassen, die Kunst ist, das auch in schwierigen Jahren zu beherrschen.


Ich möchte weder den Besserwisser spielen noch das Thema Bio in diesem Forum grundsätzlich diskutieren, weil uns das vom eigentlichen Thema Tafeltraubenanbau wegbringt. Aber die Behauptung “ohne Chemie geht es nicht” ist schlichtweg falsch und ein Schlag ins Gesicht derer, die seit Jahrzehnten das Gegenteil beweisen. Hast Du schon jemals einen Betrieb besucht, der biologisch arbeitet? Es wird höchste Zeit. Denn langjährig erprobte Praxis schlägt alle Theorie.

Ich verurteile niemanden, auch nicht unterschwellig, versuche auch nicht zu bekehren (sonst würde ich behaupten, dass Biodynamie das einzig Wahre ist, was ich nicht tue) und halte Andersdenkende auch nicht für schlechte Menschen. Ich freue mich über jede tolle Traube, die in diesem Forum gepostet wird. Wie bereits gesagt, gibt es unversöhnliche Standpunkte. Diese kann man auch mit tausend Beiträgen nicht vereinen, man produziert nur verhärtete Fronten und schlechte Stimmung. Dennoch sollte es möglich sein, in einem gemeinsamen Forum die Vorgehensweisen und Ergebnisse dieser divergenten Bewirtschaftungsformen beschreiben und darzustellen zu können, sofern Toleranz dem Gegenüber gegeben ist, ohne immer wieder das Inhaltliche grundsätzlich diskutieren zu müssen. Es sollte auch nicht darum gehen, wer am Ende Recht hat. Dennoch von mir abschließend zu diesem Thema folgende Zahlen die belegen, dass es bereits heute schon ohne Chemie geht und dann ist auch gut.

Was gibt es da noch zu beweisen? Weltweit werden fast 60 Mio ha. (!) Land biologisch betrieben. Deutschland hat - um sich eine Vorstellung von dieser Fläche zu machen - eine Gesamtfläche von insgesamt 36 Mio ha. D.h. man nehme die gesamte Fläche von Berchtesgaden bis Flensburg incl. Städte, Straßen, Autobahnen, Seen und schneebedeckten Bergen mal 1,5. Dann hat man ungefähr die Fläche, die weltweit heute schon komplett ohne Pestizide landwirtschaftlich biologisch erfolgreich betrieben wird. Allein in Deutschland gibt es über 35.000 Bio-Betriebe, die zusammen 1,7 Mio ha. Land bearbeiten. Eine weltweite Zahl liegt mir nicht vor. All diese Betriebe bestreiten ihren Lebensunterhalt davon, ernähren damit ihre Familien und produzieren Nahrungsmittel für Millionen Menschen. Und es werden immer mehr. Es scheint also doch ohne Chemie zu gehen. Man muss nur wollen. Voraussetzung ist jedoch, sein gesamtes Handeln danach auszurichten. Im Übrigen habe auch ich bereits dargelegt, wie man es besser macht. In normalen Jahren habe ich mittlerweile vergleichbare Ergebnisse wie die Chemie- und Kunstdünger-Nutzer. Im extrem trockenen Jahr 2020 habe ich ebenfalls hervorragende Ergebnisse erzielt und ob ich im Regenjahr 2021 so viel schlechter abgeschnitten habe als andere, wäre von den Chemie- und Kunstdünger-Nutzern erst einmal zu beweisen. Eine Missernte war es jedenfalls nicht, eher keine gute. Übrigens: wetterbedingte Missernten gibt es bei konventionellen Landwirten trotz Einsatz von Chemie und Kunstdünger zuhauf.

Bio ist bereits heute die Zukunft! Kommende Generationen werden gar nichts mehr anderes akzeptieren.

Das Zwischenfazit war für mich zwingend notwendig. Das lasse ich auch alles so stehen. Weitere Beiträge dazu werde ich nicht mehr kommentieren. Und jetzt lasst uns wieder über Tafeltrauben reden. Best Practice, das bringt uns alle voran. Nicht um des Kaisers Bart streiten, sondern durch reale praktische Erfahrungen voneinander lernen.


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