Biologisch-dynamischer Anbau von Tafeltrauben

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06.02.2022 17:10 (zuletzt bearbeitet: 06.02.2022 17:13)
avatar  Reblaus
#261
Re

Gestern habe ich meinen Rebschnitt abgeschlossen. Leider hat der Frühjahrsfrost in 2021 einige Kordons gekostet. Diese müssen in 2022 durch die “Rettungszapfen”, die ganze Arbeit geleistet und kräftige Fruchtruten gebildet haben, neu aufgebaut werden.

Heute wurden - da Sauwetter draußen - die Veredelungshölzer für das Frühjahr vorbereitet. Die wandern jetzt nach erfolgtem Desinfektionsbad und Paraffinierung erst einmal für einen längeren Tiefschlaf in den Kühlschrank. Im Frühjahr werden dann ein paar ältere Reben, deren Sorten mir für den Bioanbau zu anfällig sind, nach verschiedenen Methoden schwarz auf schwarz veredelt. Quellen sind Videos russischer / ukrainischer Tafeltraubenfreaks. Ich verstehe leider kein einziges Wort, aber - ganz meine Rede - tolle Bilder sagen mehr als tausend Worte. Ziel ist bestehende Rebstöcke nicht zu roden und durch neue Sorten zu ersetzen, was wieder mehrere Jahre in Anspruch nehmen würde, sondern die Kraft der bestehenden Rebstöcke zu erhalten und schon im kommenden Jahr wieder Trauben besserer Sorten davon zu ernten.

Irgendwie kann ich keine Bilder mehr hochladen (?)


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06.02.2022 21:01 (zuletzt bearbeitet: 06.02.2022 21:03)
#262
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Ach Reblaus, du hast mich falsch verstanden. Ich meine mit chemiefrei gibt es nicht, das Biologie, also Lebewesen, sich aus Stoffen zusammensetzen und diese sind Chemie. Also Regen, den man zB 2020 sich gewünscht hatte, ist ein Lösemittel, Wasser oder besser Dihydrogenmonoxid, Chemie eben. Also keine Physik, auch keine Biologie weil Wasser pur nicht lebt sondern Chemie ist, andere sagen auch Materie dazu.
Und was mit Chemie oder ohne alles geht, ich weiß ja nicht ob man mit Gedanken alleine erfolgreich düngen kann, die Naturwissenschaften sagen da halt was recht eindeutiges. Und was man für `ohne Chemie´ hält, das bleibt letztendlich tatsächlich jedem selbst überlassen.
Ich gehe davon aus du hast deine Edelreißer nicht mit Alkohol desinfiziert und das Paraffin aus Erdöl könnte man evtl auch durch Bienenwachs ersetzen. Kehren können alle Lager zuerst mal vor ihrer eigenen Haustür, das bleibt unbestritten. Deswegen halte ich nichts von diesen Lagern, sondern ich denke man sollte das Beste aus allen vereinen. Das ist meiner Meinung nach eher die Zukunft, weil man sie nicht nur gedanklich/emotional versteht, sondern auch fachlich verstehen kann.

Bilder hochladen kannst du über Datei anhängen oder Fotos hochladen rechts unten unterhalb des Schreibfensters.


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22.04.2022 09:35
#263
Vo

In Frankreich wird mit Pferden (Percheron) biologisch-dynamischer Weinbau betrieben:

https://youtu.be/fr7QjYkoqf0?t=1898

Dauer ca. 5 Minuten


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22.04.2022 16:13
avatar  Dietmar
#264
Di

Bei den heutigen Spritpreisen ist der Kostenunterschied zwischen Traktor und Pferd nicht mehr so groß. Außerdem düngen die Pferde so nebenbei. Mein eigener Weingarten ist für Pferde zu klein. Im nächsten Jahr werden ich dann für die Bodenbearbeitung den Osterhasen einfangen und abrichten.


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22.04.2022 23:28
#265
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Im Video sprechen sie von pflügen, es heißt eigentlich grubbern, was dort gezeigt wurde. Naja, Reporter stecken nicht immer drin.

Jede Zeile bearbeiten, dafür würde man hier in der Pfalz gesteinigt werden, das widerspricht der guten fachlichen Praxis.
Unabhängig davon, die Begrünung ist auffallend Blütenarm zu dieser Zeit. Hauptsächlich Gräser und der Klatschmohn am Rand als Gestört-Boden-Zeiger kann auch nicht überzeugen.

Biodynamisch ist doch hoffentlich mehr als Humusraubbau, oder?


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04.08.2022 23:01
avatar  Reblaus
#266
Re

Zwischendurch mal wieder ein Beitrag vom Biodynamiker.

Soviel vorweg: dieses Jahr ist das erfolgreichste seit ich Tafeltrauben anbaue. Kein Frost, kein Hagel und so gut wie kein Regen. Ein Traumjahr für Trauben und Tomaten.

Bislang habe ich keinen einzigen Ausfall zu verzeichnen. Selbst die äußerst empfindlichen Sorten entwickeln sich bislang hervorragend. Gespritzt wird nur bei Bedarf, je nach Wetterlage. Der starre Spritzplan früherer Jahre wurde verworfen und ist längst Vergangenheit. Im Durchschnitt wird seit dem 4-Blatt-Stadium so alle 14 Tage ein Hokuspokus-Mittelchen gespritzt. Zum Einsatz kommen neben den biodynamischen Präparaten diverse Tees zur Pflanzenstärkung, Molke sowie zu besonders kritischen Zeiten Netzschwefel, Natriumhydrogenkarbonat und / oder Wasserstoffperoxyd. Die Tees zur Pflanzenstärkung enthalten vor allem Extrakte aus Polyphenolen, also sekundären Pflanzenstoffen mit antioxidativer Wirkung, Schachtelhalmextrakt sowie Staudenknöterich. Wann was gespritzt wird entscheidet die Wetterlage sowie eventuelle erste Krankheitsanzeichen.

Leider hat es in diesem Jahr im Gegensatz zum letzten Jahr so gut wie nie geregnet. Insofern stellt dieses Jahr keine richtige Herausforderung für mich dar. Einerseits schön nach dem schwierigen letzten Jahr, andererseits fehlt die Rückkopplung, ob die Extrakte in einem Jahr mit durchschnittlichen Regenfällen auch bei Pero ihre erhoffte Wirkung entfalten. Oidium hat seinen Schrecken für mich schon seit einiger Zeit verloren und ist aufgrund o.g. Spritzungen kein ernst zu nehmender Gegner mehr für den Biodynamiker. Jahrelange Erfahrung und Beobachtung der Vorgänge im Rebgarten lassen zur richtigen Zeit die richtige Spritzung erfolgen. Oidium tritt bei mir dieses Jahr nur bei ganz wenigen einzelnen Beeren oder Stielgerüstteilen auf. Geschätzt ist dies weit weniger als 1 Prozent gemessen an der Gesamtmenge Trauben. Oidium ist biologisch exzellent bekämpfbar, chemische Spritzungen sind hier definitiv nicht erforderlich! Aber man muss ständig wachsam sein und darf sich nicht zu sicher fühlen.

Einziger Wermutstropfen: die enorme Hitze und extreme Sonneneinstrahlung hat in diesem Jahr mehr Sonnenbrand verursacht als jemals zuvor. Das ist zwar bezogen auf die Gesamternte keine Tragik, aber doch ärgerlich. Im Endeffekt ist mir ein wenig Sonnenbrand aber lieber als der mögliche Schaden durch Oidium. Auch dieser Schaden beträgt weit weniger als 1 Prozent.

Glück hatte ich bei den letztjährig gepflanzten Reben. Diese haben es mangels ausreichender Wurzelmasse bei der Hitze nicht geschafft, die oberen Triebe regelhaft zu versorgen. Diese sind vertrocknet, treiben aber mittlerweile knapp unterhalb der vertrockneten Stellen wieder aus. Ohne Wassergabe, was ich zu Gunsten der Wurzelentwicklung eigentlich ablehne, wären diese Reben vielleicht sogar eingegangen.

Welche Maßnahmen wurden in diesem Jahr durchgeführt?

Nur oben liegende Knospen bzw. Triebe lasse ich wachsen. Die unten liegenden werden ausgebrochen. So entsteht eine minder dichte Laubwand, essentiell im Bioanbau.

Die Triebe werden einzeln hochgebunden. Dies trägt zu einer gleichmäßig lichten Laubwand bei. Wichtig ist eine möglichst hohe Durchlässigkeit der Laubwand, damit der Wind gut durchzieht, Feuchtigkeit schnell abtrocknen kann und somit keine Mehltau-Nester entstehen können. Zudem werden bei den biologische Spritzungen möglichst viele Blätter erreicht. Dichte Blattkonstellationen sind verantwortlich für ein feuchtes Kleinklima und erleichtern so die Bildung von Mehltau.

Schwefel wird kurz vor, während und nach der Blüte gespritzt. Dies erachte ich für besonders wichtig. Dass eine Schwefelspritzung während der Blüte schädlich ist, weil die Blüten verkleben, konnte ich nicht beobachten. Der Schutz der Blüte vor Oidium hat zudem Vorrang.

Entblättert wird direkt nach der Blüte. Alle Blätter, die Kontakt zu der Traube bekommen können, werden entfernt. Dies hat sich bislang sehr bewährt, auch wenn in diesem Jahr bei der extremen Sonneneinstrahlung ein paar Blätter mehr über den Trauben sicher nützlich gewesen wären.

Die Triebe werden alle ab 2,30 m gekürzt. Über dieser Höhe habe ich Schwierigkeiten, die Triebe zu spritzen. Aber das ist ja auch hoch genug.

Beeren mit Sonnenbrand sind verloren und werden entfernt, damit sie nicht faulen. Dieser Arbeitsgang hat sich bewährt.

Die Gründüngung wurde mehrfach gewalzt. Die Pflanzen bleiben so am Leben, die Wurzeln wachsen weiter, lockern den Boden und halten so die Feuchtigkeit im Boden.

Die Trauben werden mit Beginn der Beerenbildung alle 3-4 Tage auf einen möglichen Befall kontrolliert, insbesondere im Juni und Juli. So kann eine eventuelle Pilzbildung sofort erkannt und gegengesteuert werden.

Pro Trieb belasse ich max. eine Traube. Ausnahmen bestätigen die Regel. Sofern dies im Einzelfall angezeigt ist, z.B. bei kleinen Trauben mit wenig Gewicht bei gleichzeitig gut entwickelten Reben, verträgt ein Trieb auch gut zwei Trauben.

Sorten mit vielen Beeren werden händisch ausgedünnt, z.B. KM Zaparoshki, Aljoshenkin, Velez usw.. Auch dieser Arbeitsgang hat sich bewährt. Das Ausdünnen mindert das Pilzrisiko und die Beeren werden größer.

Sofern ich mit Pero befallene Blätter bemerke, werden diese entfernt. Auch dieser Arbeitsgang hat sich bewährt.

Alles in allem bin ich hochzufrieden mit dem bisherigen Verlauf. Anfang kommender Woche beginnt dann bei mir die Ernte.


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