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Kontroverse Gentechnik: Andreas Meier will seine Reben mit neuer Technologie gegen Schädlinge schützen – das passt nicht allen

Kontroverse Gentechnik: Andreas Meier will seine Reben mit neuer Technologie gegen Schädlinge schützen – das passt nicht allen
Quelle: https://www.tagesanzeiger.ch/gentechnik-...nd-395920115617
Der Winzer und Mitte-Nationalrat züchtet resistente Reben. Er will in Zukunft auch solche verwenden, die mittels «Genschere» verändert wurden. Doch Kritiker fordern strenge Regeln.
Die Reben auf der unscheinbaren Parzelle an der Aare bei Würenlingen bergen einen Schatz. Der Boden ist sorgfältig aufbereitet, die Reihen mit kleinen Schildern versehen. Nichts deutet auf den ersten Blick darauf hin, wie wertvoll die Parzelle ist. «Das ist unsere genetische Reserve für die Deutschschweiz», sagt Andreas Meier. Er zeigt auf die Rebstöcke zuvorderst: «Petite Arvine, Cornalin, Pinot noir, Johannisberg, diverse Chasselas. Jeweils 25 Pflanzen, jeweils eine halbe Reihe – über 200 Sorten.»
Meier ist Weinbauer, Rebzüchter – und Nationalrat der Mitte-Partei. Er nennt die Anlage seine Arche. Jede Rebsorte, die in der Deutschschweiz eine Bedeutung hat, wird hier erhalten – als lebendige Pflanze, nicht als Datenbankeintrag. «Wir haben den Boden vorher genau analysieren lassen. Keine Nematoden.» Diese kleinen Fadenwürmer könnten Krankheiten übertragen und die einzigartige Parzelle bedrohen – und damit den Schweizer Weinbau insgesamt.
Andreas Meier führt die Rebschule und das Weingut im unteren Aaretal in dritter Generation. Das Wissen, wie man Reben züchtet und die Eigenschaften einer Pflanze mit der einer anderen kombiniert, praktizieren die Meiers seit über 100 Jahren.
«Die Natur hats erfunden, wir möchten es gezielt nutzen»
Und jetzt steht die Pflanzenzucht vor ihrer grössten Revolution in der Geschichte der Menschheit. Mit einer neuen Technologie, der sogenannten «Genschere», können die Eigenschaften von Pflanzen so verändert werden, dass sie gegen Krankheiten und Schädlinge resistent werden – ohne die geschmacklichen Eigenschaften zu verlieren. Der Erbinformation im Zellkern wird kein artfremdes Erbgut hinzugefügt. Für die sogenannte Crispr/CAS-Methode erhielten zwei Forscherinnen 2020 den Nobelpreis. Meier hat bereits mit Anbietern der neuen Technologie gesprochen. Alles ist bereit.
In seinem Rebberg bleibt Meier bei einer Rebe stehen, zwackt mit einer Rebschere ein Blatt ab und zeigt die Unterseite. «Diese hier ist besonders spannend. Die Sorte entwickelt bei Pilzbefall Nekrosen, also abgestorbene Zellbereiche, direkt um die Eintrittsstelle herum. Das verhindert die Ausbreitung.» Daneben steht ein Weinstock. Seine Blätter haben eine pelzige Unterseite. Regentropfen perlen daran ab. «Die feinen Haare verhindern, dass Pilzsporen in das Blatt eindringen. So schützen sie die Pflanze», erklärt Meier. «Die Natur hat es erfunden – wir möchten das gezielt nutzen.» Die neue Genscheren-Technik soll das in Zukunft ermöglichen.
Meier wäre bereit, die neue Technologie einzusetzen
Jetzt braucht es eine gesetzliche Regelung für die neue Technik. Eigentlich hatte man damit gerechnet, dass die Genscheren-Methode im Rahmen des geltenden Gentechnikgesetzes geregelt wird. Erst kürzlich hat das Parlament das Moratorium bis 2030 verlängert. Bis dahin sollte die neue Technik geregelt werden.
Doch dann scherte Bundesrat Albert Rösti aus, indem er ein neues Gesetz ausarbeiten liess – zum Erstaunen von Fachleuten und unter Kritik von Gentechnik-Gegnern. Das Gesetz über die neuen Züchtungsmethoden wurde Anfang April in die Vernehmlassung gegeben. Voraussichtlich im Herbst kommt es ins Parlament. Das Referendum dagegen ist so sicher wie das Prost beim Anstossen.
Kürzlich ergab eine Umfrage im Auftrag des Vereins für gentechnikfreie Lebensmittel und des Konsumentenschutzes, dass eine Mehrheit der Konsumentinnen und Konsumenten in der Schweiz die neue Gentechnik kritisch sieht. Gegner der separaten Regelung für die neue Technik wollen natürliche Pflanzen und Produkte vor einer Vermischung mit der neuen Technologie schützen.
«Wir arbeiten seit Generationen mit genetischer Vielfalt»
Doch das wird zum Problem, wie Winzer Andreas Meier sagt. Der Regen hat inzwischen nachgelassen. Es riecht nach feuchter Erde, nach Holz – nach Zukunft.
Meier schreitet durch eine weitere Rebanlage, bleibt stehen, bückt sich, zieht einen jungen Steckling hervor. «Hier, dieser hier ist veredelt. Unten amerikanischer Wurzelstock, oben Pinot noir. So machen wir das seit Hunderten Jahren.» In Meiers Betrieb werden schon lange verschiedene Reben miteinander kombiniert. Die Wurzeln der einen Pflanze sind gegen einen bestimmten Schädling resistent – also wird auf diesem Stock der Trieb einer anderen Rebe aufgesetzt.
«Wir arbeiten seit Generationen mit genetischer Vielfalt», sagt er. «Aber jetzt haben wir die Möglichkeit, gezielt zu züchten», sagt Meier. Seine Rebschule ist die grösste der Schweiz, beliefert Winzer im ganzen Land mit neuen Reben. Fast so alt wie der Weinbau ist der Kampf gegen Schädlinge, die den Reben an die Wurzel gehen. Zuletzt sorgte die Kirschessigfliege für grosse Ausfälle bei der Wein- und Obsternte.
Auch Pilzkrankheiten wie der falsche Mehltau setzen dem Weinbau zu – besonders in feuchten Jahren mit viel Niederschlag. «Wir müssen dann 10-, manchmal 15-mal pro Saison spritzen», sagt Meier. Auch im Biolandbau, dort mit Kupfer. Doch das Schwermetall reichert sich im Boden an. Er zeigt auf eine Parzelle am Rand. «Sieben Jahre lang habe ich hier Bio produziert, jetzt bin ich zurück zur integrierten Produktionsweise.»
Meier berichtet, wie er in den letzten Jahren sein Kontingent für Kupfer ausschöpfte, um den Mehltau in den Griff zu bekommen. Deshalb hätte er in den nächsten Jahren praktisch auf null reduzieren müssen. «Das war mir zu riskant», so Meier. Bald will er seinen Betrieb an die Tochter übergeben – möglichst schuldenfrei. «Das Risiko eines Ernteausfalls kann ich zurzeit nicht tragen.»
Ein neues Gesetz mit alten Gegnern
Wenn das neue Gesetz über die neue Gentechnik im Parlament beraten wird, wird sich Meier dafür einsetzen, dass die Deklarationspflicht für die Pflanze gilt – beim fertigen Produkt jedoch nicht. «Es wäre absurd, wenn wir in der Schweiz strengere Regeln hätten als in der EU», sagt er. Lebensmittelproduzenten würden dann einfach auf Rohstoffe aus dem benachbarten Ausland setzen, um die Schweizer Deklarationspflicht zu umgehen.
Auch im Weinbau ergäben sich ungeahnte Probleme: «Denken Sie nur an die Weinbaugenossenschaften, die von verschiedenen Produzenten einkaufen – wie soll man da die einzelnen Trauben auseinanderhalten?», fragt Meier. Die Deklarationspflicht sei schlicht nicht praktikabel.
Doch genau die wollen die Gegner der Gentechnik. Sie haben sich bereits vor Monaten positioniert und fordern neben der Deklarationspflicht bei Produkten auch eine Prüfung der Risiken, bevor die Pflanzen frei angepflanzt werden dürfen. Die Allianz Gentechfrei, unter deren Dach sich die kritischen Gruppen formiert haben, prüft zurzeit das neue Gesetz und bringt ihre Vorschläge ein.
Dieselben Kreise lancierten im letzten Jahr die Lebensmittelschutzinitiative. Sie fordert eine Deklarationspflicht für alle gentechnisch veränderten Produkte sowie den Schutz des Biolandbaus. Und tatsächlich dürfte die Deklarationsfrage entscheidend werden: Während die EU bei neuen Züchtungstechnologien keine Deklarationspflicht für Konsumprodukte vorsieht, verlangt die Schweiz im vorliegenden Gesetzesentwurf genau das. «So verhindern wir, dass diese Sorten angebaut werden und dadurch weniger Pflanzenschutzmittel ausgebracht werden müssen», sagt Meier.
Die Debatte ist nicht neu. Bereits 2003 zeigte der Film «Mais im Bundeshuus», wie emotional und politisch aufgeladen das Thema ist.
Meier bleibt ruhig, aber bestimmt. Die Schweiz dürfe den Anschluss bei dieser Technologie nicht verpassen. Es gehe um Nachhaltigkeit und um die globale Ernährungssicherheit. Getreide, Mais, Obstbau – überall versuchen Bauern, trotz verändertem Klima und Schädlingen gute Ernten zu erzielen. «Hier bietet die neue Technik ungeahnte Möglichkeiten, auch mit weniger Pflanzenschutzmitteln» – so hoffen es jedenfalls Befürworter wie Meier.
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