Starke Preissteigerungen bei Düngemitteln

13.03.2022 11:11 (zuletzt bearbeitet: 13.03.2022 11:12)
avatar  Dietmar
#1
Di

Schon vor dem Krieg in der Ukraine und erst recht seitdem haben sich die Preise für Düngemittel auf dem Weltmarkt vervielfacht. Das hat insbesondere 3 Gründe:

1. Russland und Belorussland hatten bisher viel Kali exportiert. Beide Länder sind für den Weltmarkt ausgefallen. In Russland gibt es zudem ein Exportverbot für Düngemittel. Die Versorgung von D ist zwar durch die Firma K + S gesichert, aber K + S verkauft zu Weltmarktpreisen. Dazu kommen die Auswirkungen der hohen Energiepreise.

2. Vor längerer Zeit bezog D Phosphate aus Tunesien. Da die Phosphate in Tunesien sehr uranhaltig sind, bezog D in den letzten Jahren Phosphate aus Russland, was jetzt wegfällt. P ist relativ selten in der Welt, d.h. es gibt nur wenige Vorkommen und einige, z.B. auf Südseeinseln sind inzwischen erschöpft. P wird aber in großen Mengen benötigt: Düngemittel, Waschmittel, Cola und anderes. In D gibt es seit Jahrzehnten Forschungen, um P aus dem Abwasser zurück zu gewinnen, aber bisher noch nicht rentabel.

3. Durch die niedrigen Erdgaspreise in Russland und Belorussland sind beide Länder größere Hersteller und Exporteure von Ammoniak (Vorprodukt für Stickstoffdünger) und Stickstoffdüngern. Beide Länder sind für den Weltmarkt ausgefallen. In D wurde vor mehr als 100 Jahren das Haber-Bosch-Verfahren erfunden, um ohne Erdgas Ammoniak herstellen zu können, aber dieses Verfahren ist sehr energieintensiv (Strom) und teurer als die Herstellung mit Erdgas.

Ich habe mir rechtzeitig zu alten Preisen einen kleinen Vorrat an Düngemitteln zugelegt. Viel brauche ich nicht, da ich viel mit eigenem Kompost dünge. Ich empfehle Euch, ebenfalls einen kleinen Vorrat anzulegen, bevor die Weltmarktpreise voll in D durchschlagen.


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13.03.2022 22:46 (zuletzt bearbeitet: 13.03.2022 22:47)
#2
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Ammoniak nach Haber-Bosch wird derzeit nicht ohne Erdgas hergestellt. Strom reicht nicht. Es braucht das Erdgas. Man merkt es auch im Sommer wenn Coca Cola wieder klagt, das Kohlensäure in Lebensmittelqualität nicht ausreichend zur Verfügung steht. Trockeneis (Logistik, Kühlkette) und hochreines CO2 ist unmittelbar an die Düngerproduktion mit Ammoniak gekoppelt. Das Düngemittelgeschäft ist ein saisonales, da auf der nördlichen Erdhalbkugel deutlich mehr abgesetzt wird als anderswo. Vor Weihnachten sind die Preise explodiert, der Hobbygärtner war eigentlich vorher schon raus wegen dem neuen EU-`Sprengstoffgesetz´. Wer jetzt noch Vorräte anlegen möchte kommt eigentlich Monate zu spät.

Die Frage die man sich jetzt stellen sollte, wie geht man am effektivsten damit um. Deshalb und mit den Wettereskapaden, man sollte sich mal mit stabilisierten Stickstoffdüngern beschäftigen. Kompost hat man und kann man, Mist bekommt man auch wenn man möchte. Stickstoff ist immer das was fehlt und für Leguminosenanbau als Transfermulch fehlt oft entweder die Fläche oder es scheitert am gezielten Einsatz. Zu spät mineralisiert weils zu trocken war bedeutet bei Trauben im schlimmsten Fall Vernichtung der Ernte wegen Botrytis. Also meiner Meinung nach Stickstoffdüngung mit Leguminosen nur mit Beregnung, damit man die Düngewirkung steuern kann.


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14.03.2022 00:29
avatar  Dietmar
#3
Di

Wir reden hier von etwa 25 ... 30 % der Weltproduktion, die durch den Ukrainekrieg für den Weltmarkt ausfallen. Es betrifft alle der wichtigsten Nährstoffe: N + P + K. Für die Industrieländer ist kaum mit einer Verknappung zu rechnen, aber die Preise werden durch das Mißverhältnis von Angebot und Nachfrage drastisch steigen. "Wir" können auch die höheren Preise stemmen. Die Leidtragenden in dieser Sache sind die ärmeren Entwicklungsländer, die schon vorher Spitz auf Knopf gewirtschaftet haben. Ohne den nun viel teureren Dünger sinken die Erträge, was eine Hungersnot auslösen wird. Werden die nun viel teureren Dünger doch gekauft, werden die erzeugten Lebensmittel so teuer, daß diese von einem großen Teil der Bevölkerung nicht mehr gekauft werden können.

Was können wir tun?

In den meisten dt. Böden gibt es eine Überversorgung mit K und P - außer z.B. Sandböden. Das ist ein historisches Erbe aus der Überdüngung aus der Vorkriegszeit. Wie schon bemerkt, ist der N-Dünger das Hauptproblem. Dazu kommen die Katalysatoren für die Stickoxide. Diese "Abgase" der Dieselmotoren waren zwar für die menschliche Atmung ein Problem, aber für die Pflanzenwelt waren die Stickoxide eine kostenlose Stickstoffdüngung und damit ein Segen. Der "Ausfall" der Düngung durch die Stickoxide muß zunehmend durch eine stärkere Stickstoffdüngung ersetzt werden.

Was können wir tun?
Ich verwende dezent Hornspäne. Hier ist es mal von Vorteil, daß D eine so riesige Viehwirtschaft hat. Ich vermute mal, daß künftig die Nachfrage nach Hornspänen steigen wird und die Herstellung kann in D noch gewaltig gesteigert werden. Hornspäne sind ein langsam wirkender Stickstoffdünger und sollten deshalb im zeitigen Frühjahr ausgebracht und etwas eingearbeitet werden. Das Problem für uns ist, daß eine Stickstoffdüngung in der zweiten Hälfte der Vegetationsperiode viele Nachteile hat, z.B. höhere Pilzanfälligkeit, vegetatives statt generatives Wachstum, fehlendes Aroma, stätere Reife usw.. Man kann aber einmal ausgebrachte Hornspäne nicht einfach "abschalten". Bei mineralischen Stickstoffdüngern gibt es Typen mit unterschiedlich langer Wirkung, so daß man das so steuern kann, daß in der zweiten Hälfte der Vegetationsperiode der Gehalt von Stickstoffdüngern im Boden abgesunken ist.

Was kann die Landwirtschaft machen?

Ich habe kürzlich einen Film über die Zukunft der Landwirtschaft gesehen. Dort hatte der "Düngerstreuer" lauter Einstoffdünger, also keine Kombidünger. In kurzen Abständen bei der Fahrt über das Feld wurde der Nährstoffgehalt des Bodens gemessen und nur an den Stellen wurde nur der Nährstoff gedüngt, der nicht ausreichend vorhanden war. Auf diese Weise konnten ca. 30 % der Düngemittel eingespart werden im Vergleich zum Ist-Zustand, wo nur an einer Stelle im Feld (oder mehreren) der Nährstoffgehalt im Labor bestimmt wird. Im Moment ist so ein futuristischer Düngerstreuer wahnsinnig teuer, aber bei teureren Düngemitteln eher wirtschaftlich sinnvoll, auch weil bei einer Massenanwendung der Preis des Düngerstreuers stark sinken wird.

Ich persönlich hatte schon im vergangenem Sommer meinen Düngerbedarf an Mineraldünger, darunter auch reiner Stickstoffdünger, gedeckt, nicht weil ich vom jetzigen Ukrainekrieg etwas geahnt hatte, sondern weil ein 25 kg-Sack pro kg viel billiger war als eine Kleinpackung. Da ich Mineraldünger nur sehr sparsam einsetze, reiche ich mindestens 10 Jahre. Glück gehabt.


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14.03.2022 12:06
#4
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Ich glaube kaum das Hornspäne eine Lösung für das aktuelle Problem sind. Ich bezweifle das nennenswerte Mengen aus heimischer Produktion kommen, vielmehr dürfte der Großteil aus Südamerikanischen Ländern importiert werden. Eben von dort wo es viele Rinder gibt und dort werden sie mit Soja gefüttert wofür der Regenwald brennt, wir haben hier dann ein ökologisch reines Gewissen.
Nachteile:
CO2 durch den Transport über den Ozean
schlechte Ausnutzungsquoten von maximal 70%, das heißt neben Mindererträgen verschmutzen mindestens 30% des Stickstoffs die Umwelt
Horndünger sind schon immer recht teuer

Fazit: ökologisch und ökonomisch und anbautechnisch bieten sie gegenüber Mineraldüngern keine Vorteile.


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