Galachad oder nicht?

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28.07.2021 21:24
avatar  toobad
#21
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Irgendwie hatte ich gehofft, nur mit Naturheilmitteln Trauben für den Eigenbedarf anbauen zu können welches nicht amerikanischen Sorten mit Foxton sind. Natürlich kann ich nicht alle 3 Tage spritzen. Ich werde die Themen des Forums studieren, die über Schutz sprechen und versuchen, die Anzahl der Sprays auf ein Minimum zu reduzieren, dh natürliche Heilmittel und Schwefel zu verwenden. Wenn das nicht moglich ist, dann war meine Vorstellung von Piwi falsch :)


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28.07.2021 23:25
avatar  Dietmar
#22
Di

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Wenn das nicht moglich ist, dann war meine Vorstellung von Piwi falsch :)



Viele Anfänger glauben, auf das Spritzen von Piwis verzichten zu können. Ein großer Irrglaube. Dazu kommt, daß "natürliche Heilmittel" defacto wirkungslos sind. Hier kommt es darauf an, was man unter natürlichen Heilmitteln versteht. Wenn damit irgendwelche Pflanzenjauchen gemeint sind, dann sind diese fast so wirksam wie homöopatische Medizin.
Ein Traubenfreund versucht, nur mit solchen Jauchen Reben anzubauen. Zumindest bei geringem Befallsdruck klappt das bei ihm ganz gut. Allerdings muß er dazu übers Jahr ca. 3 ... 5 mal so oft spritzen wie wir.

Dazu kommt, daß Piwi nicht gleich Piwi ist. Bei der Pilzfestigkeit gibt es große Unterschiede und man sollte schon bei der Sortenwahl nur sehr pilzfeste Sorten kaufen.

Die Pilzfestigkeit ist aber auch von der Erziehung abhängig. Wichtig sind insbesondere gut durchlüftbare Laubwände und teilentblätterte Traubenzonen.

Grundsätzlich muß man immer vorbeugend spritzen. Wenn erst Symptome auftreten, ist es zu spät.

Sorten mit sehr gutem Piwi sollten mindestens folgendes minimales Spritzprogramm haben:

- 1. Spritzung mit Netzschwefel beim Aufbrechen der Knospen. Das vertreibt auch Schädlinge, die auf das frische Grün der Knospen aus sind.
- Danach alle 2 Wochen mit Netzschwefel (Oidium) und einem Kupfermittel oder Dithane Neotec oder Polyram, über 25 °C Netzschwefel einmal wöchentlich.
- Milch (10%) gegen Oidium muß mindestens wöchentlich gespritzt werden.
- Milch (10 %) Natron (Natriumhydrogenkarbonat) und Kaliumhydrogenkarbonat (alles Oidium) wirken auch nur max. 1 Woche, nicht bei großer Hitze spritzen, da Verbrennungen.
- Phosfik (Pero) wirkt ca. 2 Wochen systemisch (nicht mischen mit Natron und Co.!). Man kann Phosfik mit Netzschwefel und z.B. einem Kupfermittel kombinieren.
- Ab Erbsengröße mit Teldor gegen Botrytis spritzen und nach Abtrocknung Organzabeutel gegen die Traubenwickler und die Kirschessigfliege aufziehen.
- zuletzt wegen den Wartezeiten mit Milch (10 %) oder Natron (1 %) gegen Oidium und mit Phosfik gegen Pero spritzen.

Wichtig ist, daß beim Spritzen beide Blattseiten richtig benässt werden müssen!

Mit diesem Spritzprogramm kommt man gut durch die Saison, aber man muß es eisern einhalten und nicht nachlässig werden.

Einen Schwachpunkt hat dieses Bio-Spritzprogramm: der ungenügende Schutz gegen Botrytis. Will man Bio anbauen, dann kommt es auch darauf an, Sorten mit einem lockeren Traubenaufbau anzubauen. Da Botrytis auch ein Feuchtepilz ist (wie Pero), trocknen lockerbeerige Trauben schneller ab als dichte Trauben. Man darf Teldor nur einmal pro Jahr spritzen.

Anmerkung: Kupfermittel gegen Pero sind Bio, aber ich weiß nicht, ob Dithane Neotec und Polyram für Bio zugelassen sind.

Seit kuzem gibt es Ortiva gegen Pero und Oidium frei zu kaufen. Es schützt ca. 2 Wochen, insbesondere dann, wenn Netzschwefel, Milch/Molke und Natron und Co. in Hitzperioden nicht mehr sicher wirken bzw. wenn der Befallsdruck sehr hoch ist. Ortiva ist meines Wissens nach für Reben nicht ausdrücklich zugelassen, aber der enthaltene Wirkstoff ist in mehreren zugelassenen Mitteln ebenfalls enthalten und da gilt eine Wartezeit von 35 Tagen. Durch die längere Wirksamkeit ist dieses Mittel gut zur Urlaubsüberbrückung. Zweimal pro Jahr anwendbar.

Wenn Dir dieses Minimalspritzprogramm zu stressig ist, sind Tafeltrauben nichts für Dich. Dann mußt Du die Trauben in der Kaufhalle kaufen, aber diese wurden mindestens einmal wöchentlich mit harten Fungiziden gespritzt. Wenn Du selber anbaust, sind die Trauben viel gesünder.

Wenn Du Sorten mit etwas geringerer Pilzfestigkeit wie z.B. Arkadia, Veles und Kiszmisch Łuczistyj anbauen willst, mußt Du noch mehr auf die strikte Einhaltung dieses Spritzprogrammes achten bzw. im Frühjahr auch wöchentlich spritzen.


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29.07.2021 00:29
#23
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Scheinbar harte Worte aber ich bin dankbar dafür.

Man sollte sich überlegen, ob es wichtig ist mit Naturheilmitteln ein Anbauziel zu erreichen (Vermarktung) oder ob es nicht sinnvoller ist, mit möglichst wenig schädlichen oder problematischen PSM zu spritzen und das rauszuholen was die Natur hergibt.

Man kann Naturheilmitel nehmen, Blei, Arsen, Quecksilber, Kupfer usw und 90% der Ernte in den Müll schmeissen und trotzdem elendig an Krebs verrecken durch die Naturheilmittel-PSM, oder man nimmt moderne Fungizide die weniger problematisch und besser wirksam sind und schmeisst nur 10 statt 90% in den Müll.

Unabhängig davon, Kulturführung und Bodenpflege machen 70% aus, 10% PSM, 10% Wetter. Warum reden wir immer nur über PSM (wenn es längst zu spät ist), wenn der Schlüssel in der Kulturführung und Bodenpflege liegt?


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29.07.2021 00:33
#24
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Zitat von toobad im Beitrag #21
Irgendwie hatte ich gehofft, nur mit Naturheilmitteln Trauben für den Eigenbedarf anbauen zu können welches nicht amerikanischen Sorten mit Foxton sind. Natürlich kann ich nicht alle 3 Tage spritzen. Ich werde die Themen des Forums studieren, die über Schutz sprechen und versuchen, die Anzahl der Sprays auf ein Minimum zu reduzieren, dh natürliche Heilmittel und Schwefel zu verwenden. Wenn das nicht moglich ist, dann war meine Vorstellung von Piwi falsch :)

Dann bist du hier aber genau richtig. Wir träumen alle von Piwi und verwechseln widerstandsfähig mit immun in unseren Träumen.
Die eierlegende Wollmilchsau ist bei den Reben leider noch nicht gefunden. Dieses Forum beschreibt den Weg dorthin, sei Teil der Entwicklung wenn die staatlichen Versuchsanstalten das nicht leisten können.


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29.07.2021 17:27
avatar  toobad
#25
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Dietmar, danke für die umfassende Antwort. Der vorgeschlagene Spritzplan ist recht dicht, ich habe irgendwie erwartet, dass 0-3 Spritzungen ausreichen würden, wie es in den Sortenbeschreibungen steht. Dies ist wahrscheinlich bei systemischen Präparaten.
Nach dem, was Sie geschrieben haben, muss ich am wenigsten sprühen
- bei Echtem Mehltau alle 2 Wochen in einer Kombination aus Schwefel + 'natürlichen' Mitteln (Milch, Soda)
- mehrfach mit kupferbasierten Mitteln gegen Falschen Mehltau
- mehrmals mit systemischen Präparaten gegen Botrytis
Was sich herausstellt, sind irgendwo 8 oder mehr Sprays, was für mich fast wie ein Spray für Nicht-Piwi-Sorten aussieht (die vielleicht bis zu 12x gesprüht werden).
Damit hätte ich wirklich nicht gerechnet :)


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29.07.2021 21:01
avatar  Dietmar
#26
Di

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mehrmals mit systemischen Präparaten gegen Botrytis



Teldor darf nur einmal pro Saison gespritzt werden. Die anderen Fungizide gegen Botrytis sind nicht frei verkäuflich und erfordern einen Berechtigungsschein. Man hat also ohne Giftschein nur einen Schuß gegen Botrytis.

Eine Kombination von Netzschwefel und Milch ist nicht sinnvoll, da beides Kontaktmittel gegen Oidium. Im Frühjahr wirkt Netzschwefel ca. 2 Wochen, aber bei hohen Temperaturen verdampft der Netzschwefel wesentlich schneller. Über ca. 30 °C verdampft der Netzschwefel schon in 3 bis 5 Tagen und wenn der gesamte Netzschwefel verdampft ist, ist auch die Wirkung vorbei. Nicht der Schwefel wirkt gegen die Pilze. Der verdampfte Schwefel wird sofort kalt oxydiert und diese Schwefeloxide wirken dann gegen die Pilze. Ergo, je heißer es ist, desto öfters muß mit Netzschwefel gespritzt werden.

Es gibt die Vermutung, daß diese Schwefeloxide die Milchsäurebakterien von der Milchspritzung abtöten und das bedeutet, daß Netzschwefel und Milch nicht gemeinsam oder die Milch nach dem Schwefel nicht gespritzt werden dürfen. Man weiß nicht genau, wie die Milch gegen Botrytis wirkt. Wahrscheinlich ist es eine Kombination aus pilzfressenden Milchsäurebakterien und einem Enzym in der Milch. Das Enzym allein wirkt aber nicht so gut wie Milch oder Molke. Achtung: Im Handel gibt es keine nicht pasteurisierte Milch und diese pasteurisierte Milch wirkt nicht gegen Oidium. Auch sogenannte Frischmilch aus der Kaufhalle ist nicht frisch, sondern auch pasteurisiert, d.h. alle Milchsäurebakterien sind mausetot. Pasteurisierte Milch wird auch nicht sauer, sondern nur bitter. Es muß also Milch oder Molke direkt vom Bauern sein.

Deine Schätzung von 8 Spritzungen pro Jahr ist real. Es können auch 9 werden. Diese Zahl kommt dadurch zustande, weil die milden Kontaktmittel nur max. 1 Woche wirken. Ich mache ca. 8 Spritzungen pro Jahr und es könnten mehr sein, wenn ich nicht zeitweise systemisch wirkende Mittel spritzen würde, welche 2 Wochen wirken (z.B. um den Urlaub zu überbrücken) . Unser Biowinzer hier im Forum spritzt seine Pflanzenjauchen 3 bis 5 mal so oft wie wir. Je milder die Mittel, desto häufiger muß gespritzt werden.

Es sollte beachtet werden, daß man nicht nur für die konkrete Saison spritzt, sondern auch für die Folgejahre. Wenn man die Pilzinfektionen unter Kontrolle hält, dann bilden sich weniger bis keine Sporen, welche den Befallsdruck im Folgejahr drastisch erhöhen würden.

Mit 8 Spritzungen habe ich seit einigen Jahren nicht die geringsten Infektionen mit Pero, Oidium und Botrytis gehabt. Ich hatte auch schon mal nur 5 Spritzungen pro Jahr gehabt, aber bei hohem Befallsdruck reichen diese nicht. Das Problem ist ja, daß man vorbeugend spritzen muß, man aber nicht wissen kann, wie sich das Wetter in naher Zukunft entwickelt. Wer dem Wetterbericht glaubt, glaubt auch an den Osterhasen. Wenn man merkt, daß der Befallsdruck hoch ist, ist es bereits zu spät. Wenn man also von vornherein von hohem Befallsdruck ausgeht, ist man auf der sicheren Seite.

Bei Nicht-Piwi-Sorten reichen 12 Spritzungen bei weitem nicht aus und da werden harte Chemikalien gespritzt. Solche Trauben bekommt man in der Kaufhalle zu kaufen. Winzer von Weintrauben (Keltertrauben) brauchen nicht ganz so oft spritzen. Es kommt ohnehin alles in die Presse und dann sieht man nichts mehr von der Pilzinfektion. Tafeltrauben müssen aber gesund sein, weil das Auge mitißt und bei gleicher Qualität wie bei Weintrauben würde niemand mehr Tafeltrauben kaufen. Diese Winzer reden dann z.T. von Edelschimmel bei ihren vermatschten Beeren.

Die Angaben der Verkäufer der Reben zum Spritzbedarf kommen von den Züchtern und einerseits wollen diese wie die Verkäufer die Kunden mit einem hohen Spritzbedarf nicht abschrecken und zum anderen gibt es in Russland und in der Ukraine, woher die meisten modernen Sorten kommen, im Sommer ein trockeneres Klima als in Deutschland, so daß die Gefahr von Pero und Botrytis viel geringer ist. Außerdem spritzt man in Osteuropa z.T. viel härtere Spitzmittel als in D, wo diese verboten oder verpönt sind.

Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, daß die "Giftspritze" nicht das Nonplusultra ist. Bei ungünstiger Erziehung bekommen auch sehr pilzfeste Sorten eine Infektion und bei günstiger Erziehung ist auch der Befallsdruck geringer.

Noch einmal kurz:
- Laufwände licht gestalten, damit nach einem Regen die Laubwand schnell wieder trocknen kann. Dazu gehört das Ausgeizen bis auf das erste Blatt des Geiztriebes.
- Entblättern der Traubenzone auf der Nordseite. Die Blätter auf der Südseite bleiben (Sonnenbrandgefahr)
- Sorten mit hoher Pilzwiderstandsfähigkeit und lockeren Trauben bevorzugen. Die Beschreibungen der Anbieter sind oft geschönt. Es ist besser, die tatsächlichen Erfahrungen hier im Forum bzw. in russischen und ukrainischen Foren zu lesen.
- Ab etwa Erbsengröße Organzabeutel überziehen. Dann beginnen die Traubenwickler ihre Eier auf den Beeren abzulegen. Die Organzabeutel schützen auch vor der Kirschessigfliege, Wespen und Vögeln. Die Wespen knabbern schon nicht ganz reife Beeren an und diese Stellen sind ein Einfallstor für die Botrytispilze.
- Ab Blüte nicht mehr mit stickstoffhaltigen Düngern düngen. Stickstoffdünger vermindern die Pilzfestigkeit der Reben deutlich. Außerdem verzögern diese die Reife.
- Beim Bewässern der Reben nicht beregnen, wie das z.Z. in einer Werbung gemacht wird!
- Die Unterstockbepflanzung immer kurz halten.

Wer fast nicht spritzen will, muß die Reben im Gewächshaus anbauen. Dort gibt es keinen Regen und somit ist die Gefahr von Pero und Botrytis gering. Nach dem Bewässern lüften, damit keine feuchte Luft im Gewächshaus steht - am Besten Tropfbewässerung. Man kann sich im Gewächshaus auch das Spritzen gegen Oidium sparen. Stattdessen hängt man Schwefelverdampfer auf. Wenn man alles richtig macht, braucht man keine Spritzmittel im Gewächshaus.


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31.07.2021 16:44
avatar  toobad
#27
to

Dietmar, vielen Dank für die umfassende Antwort.


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01.08.2021 12:33 (zuletzt bearbeitet: 01.08.2021 12:37)
#28
Si

Trotzdem dass, das Jahr sehr schwierig ist für Trauben und der Jakob sagte mir wirdst du viel mit Spritze laufen. Bis heute Datum sind bei mir nur 4 Spritzungen gemacht worden.
Voriges Jahr nur 2.
Stimmt auch den Pilzendruck ist einmalig und jetzt momentan Pero will nicht mehr. Viele Trauben bekommen Farbe und weich werden.
Die Sorten welche sind sehr anfällig sind nächstes Jahr Umveredelungskandidaten.

Mir gefällt Whatsapp. Geht schneller,einfacher.
015225804502

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